Nachdenklich

In der vergangenen Woche habe ich einen quasi privaten Shitstorm auf Facebook erlebt, der mich sehr nachdenklich gemacht hat. Da er mich immer noch begleitet, möchte ich ihn gerne mit Ihnen teilen und bitte auch ausdrücklich um Feedback und Ihre Einschätzung.

Alles begann damit, dass ich einem Facebook-Freund eine persönliche Nachricht darüber schrieb, dass ich seine Posts immer sehr schätze, der letzte Post sprachlich aber so schlecht war, dass ich die Frage stellte, wie das passieren konnte. Da stimmte einfach nichts: die Grammatik war falsch, ich musste richtig grübeln, um zu verstehen, worum es eigentlich ging. Ich habe das extra nicht als Kommentar gepostet, weil ich weiß, wie sensibel Menschen auf Kritik reagieren, die mit dem zusammenhängt, was wir alle zu beherrschen meinen: unsere Sprache.

Es folgten in schneller Abfolge einige persönliche Nachrichten, die aber nicht wirklich hilfreich waren, und alles gipfelte darin, dass mir die entsprechende Person riet, meinen „emotionalen Müll“ woanders abzuladen, sie brauche keine Menschen wie mich in ihrem Leben etc.

Ich erspare Ihnen die Details – wobei ich die Korrespondenz gerne jedem in anonymisierter Form zur Verfügung stelle, der daran Interesse hat. Was mich so schockierte, waren eigentlich zwei Punkte:

  • Ist unsere Sprache ein Tabu? Darf man also nichts dazu sagen, wenn sie entstellt wird?
  • Ist es in Ordnung, Menschen verbal zu diskreditieren, ohne sie überhaupt zu kennen? Das heißt: ich habe eigentlich kein Gegenüber (das kenne ich ja noch gar nicht), aber ich projiziere schon mal alles in dieses hinein, so als wäre es eine reale Person.

Ich glaube, dass die sozialen Medien zu einer Enthemmung führen und zu einer Radikalisierung, die wirklich nicht gesund ist. Mich hat das ganze sehr nachdenklich gemacht, und ich musste daran denken, dass ich vor vielen Jahren mal einen E-Mail Knigge für meine damalige Firma verfasst habe, der sich heute wie ein antikes Relikt liest, der aber nach wie vor Gültigkeit hat.

Ich war kurzfristig geneigt, alle meine Profile in den sozialen Netzwerken zu löschen, aber das war eine Spontanreaktion, die meine beruflichen Aktivitäten konterkarieren würde.

Wie ist Ihre Erfahrung?

Bild einer nachdenklichen älteren Dame; Foto: fotolia.com